Themenwoche Wallfahrt (5): Hermann Josef Schulze-Hobbeling und die Kutschenwallfahrt

Mit dem Landauer und vier „Sportsfreunden“ nach Telgte

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Wenn an Christi Himmelfahrt die Kutschen zur Wallfahrt nach Telgte rollen, ist Hermann Josef Schulze-Hobbeling wieder dabei. Seit der ersten Kutschenwallfahrt 1988 ist sein Hof bei Westbevern Ausgangspunkt für viele Gespanne.

„Sportskamerad“ Tolino ist ein alter Hase im Wallfahrtsgeschäft. Genauso wie die anderen drei Warmblüter auf dem Reiterhof bei Westbevern, die an Christi Himmelfahrt die Kutsche von Hermann Josef Schulze-Hobbeling nach Telgte ziehen. Bis zu 15 Jahre schon kennen die Pferde für den Vierspänner den Ablauf der Kutschenwallfahrt.

Kutscher wissen, wer die eigentlichen Stars einer solchen Veranstaltung sind. „Die Pferde“, sagt Schulze-Hobbeling. „Mit Anreise laufen einige bis zu 100 Kilometer an zwei Tagen.“ Also wirklich „Sportsfreunde“, wie die Tiere von ihren Besitzern liebevoll genannt werden.

Wichtig ist ihnen deshalb eine genaue Belastungssteuerung. „Der Wechsel der Schrittarten und kleine Pausen sind entscheidend – dann ist es für die Tiere überhaupt kein Problem.“

Knotenpunkt in Westbevern-Vadrup

Themenwoche „Wallfahrt 2024“:
In diesen Tagen beginnt die Wallfahrtssaison im Bistum Münster. Kirche+Leben schaut in der Themenwoche nach Kevelaer, stellt einen begeisterten Motorradpilger vor, gibt einen Überblick über die wichtigsten Orte und Termine und stellt besondere Wallfahrten in der Diözese vor.

Zum 36. Mal machen sich die Kutschen in diesem Jahr auf den Weg. 1988 organisierte Schulze-Hobbeling gemeinsam mit der Stadtverwaltung zum 750. Geburtstag von Telgte die erste Fahrt. Wichtiger Knotenpunkt ist seither sein Hof in Westbevern-Vadrup.

Wieder wird ein Großteil der Gespanne von hier aus Richtung Wallfahrtsort starten. Wieder werden viele Kutscher mit ihren Wagen und Pferden schon am Vortag anreisen, um sich auf den kommenden Tag einzustimmen. Wieder werden sie nachher hierher zurückkehren, um gemeinsam den Tag zu beschließen. Und einige werden wieder über Nacht bleiben.

Viele unterschiedliche Gespanne

„Das zeigt das tolle Gemeinschaftsgefühl unter den Kutschern.“ Diese kommen mit unterschiedlichen Hintergründen. Sportfahrer sind dabei, Hobby-Akteure, einige sind echte Profis, andere holen die Kutsche nur ein- oder zweimal im Jahr aus der Garage.

Dementsprechend sind auch die Kutschen unterschiedlich, sagt Schulze-Hobbeling: „Einspänner, Zweispänner, Jagdwagen, Sportwagen, Planwagen…“ Und immer ein paar wenige Vierspänner. So wie der Landauer seines eigenen Hofs – groß, schwarz lackiert, mit geschlossener Kabine, die zum Kabrio umgewandelt werden kann.

Rund 100 Kutschen erwartet

Es wird wieder imposant werden, wenn sich die Wagen am Morgen des Wallfahrtstages auf dem Hof wie eine Perlenkette aufreihen, um nach Telgte zu starten. „Ich rechne mit etwa 100 Teilnehmern in diesem Jahr.“

Es waren schon mal mehr – bis zu 150 Gespanne. „Auch wir haben ein wenig Nachwuchssorgen“, sagt Schulze-Hobbeling. „Der Aufwand ist für viele zu groß.“

Kutsche-Fahren ist Familiensache

Wenngleich er durchaus von Familiengeschichten berichten kann, in denen das Kutschen-Hobby über Generationen weitergegeben wurden. „Wir haben heute Kutscher, die waren noch nicht geboren, als es mit der Wallfahrt losging.“

Die meisten Teilnehmenden kommen aus dem münsterländischen Umland. Es gibt aber auch immer wieder Fahrer, die sich von weit her auf den Weg machen. „Ein Planwagen kommt immer aus Meppen – ein anderes Gespann aus dem Sauerland.“

Einige bringen Wagen und Tiere mit Anhängern auf seinen Hof und spannen die Pferde erst dort ein. „Da wird immer Hilfe gebraucht“, weiß Schulze-Hobbeling. „Reparieren, die Tiere versorgen, manchmal hat auch jemand ein wichtiges Teil vergessen.“ Wie einmal die gesamte Deichsel – die Vorrichtung, in der die Pferde laufen. „Ich habe dann noch eine passende bei meinem Material gefunden.“

Zehn Kilometer bis Telgte

Dann geht es die etwa zehn Kilometer gemeinsam in den Wallfahrtsort. Die Zaungäste werden dabei immer mehr, bis sie in Telgte links und rechts die Straßen säumen. „Der Aufwand dafür ist in den vergangenen Jahren immer weiter gewachsen“, sagt Schulze-Hobbeling. „Die Sicherheitsbestimmungen erfordern mittlerweile bis zu 100 Ordner.“

Die Zuschauer werden wieder begeistert sein, weiß er. „Und hoffentlich die Pferde nicht erschrecken.“

Aber bitte leise!

Denn das Einzige, was die Tiere auf dem Weg zu den Emswiesen wirklich stressen kann, sind hektische oder laute Aktionen am Straßenrand. „Das Klacken von Regenschirmen zum Beispiel können sie überhaupt nicht haben.“´

Wirkliche Probleme hat es bislang aber noch nie gegeben. Weder auf den Wegstrecken noch beim Freiluftgottesdienst oder beim Korso durch die Stadt. Auch „Sportsfreund“ Tolino wird den Tag vor dem Landauer gemeinsam mit Dornröschen, Dawin und Bass wieder locker meistern, ist Schulze-Hobbeling sich sicher.

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