Jan Aleff über Liebe als Herausforderung und universelles Geschenk

Auslegung der Lesungen vom 6. Sonntag der Osterzeit / Lesejahr B

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Der Auftrag Jesu ist klar: „Bleibt in meiner Liebe!“ Auch für Eheleute kann diese Treue herausfordernd sein. Aber Gott liebt universell, sagt Jan Aleff, Kaplan in St. Antonius Recklinghausen, in seiner Auslegung der Schrifttexte vom sechsten Sonntag der Osterzeit.

Der Mai ist gekommen, die Bäume haben längst ausgetrieben, die Hochzeitssaison ist in vollem Gange. Von vielen Kirchtürmen klingen jetzt samstags die Hochzeitsglocken, in den Standesämtern geben sich die Festgesellschaften die Klinke in die Hand. Die Liebe hat Konjunktur.

Wenn es im Buch Deuteronomium heißt „Der Mensch lebt nicht vom Brot allein“, dann verbinde ich das auch mit der Sehnsucht des Menschen nach Tagen wie diesen: Hochzeiten, die uns aus dem Alltag heben, die Bedeutung vermitteln, Momente, die uns leuchten lassen. Das sind Feste, die uns mit Vorfreude erfüllen und von deren Erinnerung wir zehren können. Manchmal ist es mit Brot nicht getan, dann braucht es Torte und den Zuspruch Gottes!

Sakramente als Freuden-Momente

Die Lesungen vom 6. Sonntag in der Osterzeit / Lesejahr B zum Hören finden Sie hier.

Deshalb bin ich ein Fan unserer sieben Sakramente. Samt und sonders sind sie Anlass zur Freude. Denn sie heben uns jeweils mehr in die Gottesbeziehung. Sie verrücken uns wieder in den liebevollen Blick unseres Schöpfers, der niemals bricht. Ein liebender Blick tut uns gut. Jedem von uns! 

Der liebende Blick unseres Gottes kann sogar heilende Kräfte entwickeln. Es gilt, den Blick auszuhalten – er hat etwas Verbindliches. Er sieht auch, was man gerne vor sich selbst versteckt. In einer lebendigen Gottesbeziehung zu bleiben, dafür wirbt Jesus immer wieder.

Freunde statt Knechte

Wir hören im Evangelium heute, dass Jesus genau das seinen Freunden aufträgt: „Bleibt in meiner Liebe!“ Er sagt es ihnen wie ein Vermächtnis, damit ihre Freude vollkommen wird, komme, was wolle. Jesus macht ihnen klar, dass sie ihm ans Herz gewachsen sind, er nennt sie Freunde, die er gesucht hat. Sie sollen nicht meinen, sie seien Knechte ohne Selbstverantwortung. 

Er bittet sie um Treue und verknüpft das mit dem Festhalten an seinen Geboten. Ich höre das Doppelgebot der Liebe: Liebt Gott mit ganzem Herzen und den Nächsten wie euch selbst. Der Johannesbrief greift das in der zweiten Lesung auf: „Geliebte, wir wollen einander lieben; denn die Liebe ist aus Gott und jeder, der liebt, stammt von Gott und erkennt Gott.“

Potenzial zur Weltveränderung

Die liebende Grundhaltung, an der man uns Christen erkennen soll, ist zunächst ein Geschenk an uns: Gott liebt uns längst, trotz allem. Sein Sohn hat gesühnt, damit wir versöhnt sind. Damit wir uns ebenso liebevoll untereinander versöhnen. So ist es ein Geschenk, das das Potenzial hat, die Welt zu verändern. „Wir wollen lieben!“ – ich finde diese Willensbekundung in allem Bemühen, den Frieden zu wahren oder wiederzufinden; in jedem Versöhnungsangebot sehe ich dieses „Wir wollen lieben“; wenn jemand sagt: „Komm, lass es uns noch mal versuchen!“ 

Ich bin davon überzeugt, dass wir im Auftrag Jesu handeln, wenn wir an der Hoffnung auf eine gerechte Zukunft für alle Menschen, also weltweit, festhalten. So anstrengend und überfordernd dieser hohe Anspruch an Einzelne ist. „Bleibt in meiner Liebe“ – lasst es uns versuchen!

Liebe ist nichts für Feiglinge

 

Diese Gedanken kommen in der Regel nicht alle in Hochzeitspredigten vor. Es ist einfach wunderschön, wenn sich zwei Menschen versprechen, einander in guten wie in schlechten Tagen treu zur Seite zu stehen! Wenn sie sich bei der Hochzeit zusagen, mit liebendem Blick einander zu sehen, bis dass dieser Blick einst bricht. Als jemand, der den Brautleuten bei der Sakramentenspendung assistieren darf, stehe ich neben den beiden und bete, dass sich ihr Versprechen in die Zukunft als tragfähig erweist. 

Die Liebe ist nichts für Feiglinge. Das In-der-Liebe-Bleiben kann echte Arbeit und sehr herausfordernd sein. Nicht jede Ehe hält dem stand. Hingabe erfordert eine große Portion Demut. Davon spreche ich durchaus in einer Hochzeitspredigt. Es ist auch bei Priesterweihe- oder Ehejubiläen gut platziert. 

Gott liebt universell

Wir können uns nach Gottes Treue strecken. Manchmal lässt mich die eine oder andere Liebesgeschichte staunen, welcher Topf seinen Deckel gefunden hat. Die Liebe kennt, wie der Heilige Geist, keine Sprachbarrieren oder Landesgrenzen, keine Nationalitäten oder Religionsunterschiede. Als Paulus das in der Apostelgeschichte verstanden hat, bricht er mit alten Regeln und öffnet den Freundeskreis der Christusnachfolge für alle. 

„Er ordnet an, sie im Namen Jesu Christi zu taufen.“ Die Botschaft des liebenden Gottes, der seinen Sohn für die Menschen hingab, konnte nicht auf ein Volk beschränkt bleiben. Gott, der die Liebe ist, liebt seine Schöpfung universell. Gott sei Dank!

Sämtliche Texte der Lesungen vom 6. Sonntag in der Osterzeit / Lesejahr B finden Sie hier.

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